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Buchtitel verspricht zu viel

Veröffentlicht am 23.08.2023

Stefan Michel: Fleisch fürs Klima – ein neuer Blick auf Artenschutz, Tierhaltung und nachhaltige Ernährung

Alles fängt gut an: Der Autor erklärt einleuchtend, was er unter nachhaltigem Fleischkonsum versteht, nämlich nur Fleisch und Milchprodukte von Tieren zu essen, die von Weidegras leben. Gras, das von Flächen stammt, die nicht mit synthetischen Düngemitteln oder Pestiziden traktiert werden, und Tiere, die keine Nahrungskonkurrenz zu Menschen darstellen. Stefan Michel setzt auch zu Erklärungen an, welche Bedeutung Weideland für Artenvielfalt und Klimaschutz habe kann. Dabei strauchelt er aber bald über Zahlen (nein: Grünland kann leider nicht jedes Jahr 40 Tonnen CO2 pro Hektar binden, S. 26). Das Thema der Ernährungssouveränität und -sicherheit in Regionen der Welt, die stark von Weidewirtschaft abhängen, berührt er bedauerlicherweise gar nicht.

Im weiteren Verlauf des Buches setzt der Autor immer mehr auf durchaus berechtigte, aber weitgehend bekannte Kritik an der konventionellen Tierhaltung und verlässt sich dabei sehr auf die Angaben seiner Interviewpartner. Quellen im eigentlichen Sinne, also Primärliteratur wissenschaftlicher Prägung, verwendet er so gut wie gar nicht.

Erfreulich sind vor allem die vielen schönen Beispiele einfallsreicher Tierhaltungen, bei denen sich Menschen redlich Mühe geben, den Bedürfnissen ihrer Tiere und der natürlichen Umgebung Rechnung zu tragen. Der Wert des Buches liegt damit allerdings vorwiegend im Bereich des Anekdotischen – was als Anregung keineswegs unterschätzt werden sollte.

Ärgerlich sind viele kleine fachliche Fehler, die durch einfache Recherche vermeidbar gewesen wären. Einer Großvieheinheit (GVE, S. 243) entsprechen eben nicht 140 Legehennen, sondern nach den gängigen Rechenwegen in Deutschland ungefähr 300 Hennen. Außerdem heißt es nicht „das Sojaschrot“ (S. 197), sondern „der Sojaschrot“; gemeint ist ohnehin etwas genauer „Sojaextraktionsschrot“. Alles in allem Hinweise darauf, dass das Leben des Verfassers doch ziemlich weit entfernt von landwirtschaftlicher Tierhaltung stattfinden dürfte.

Das Buch hätte passender den Titel „Fleisch für Naturschutz“ erhalten. Außerdem hätte das wichtige Thema ausführlichere Hintergrundrecherchen zu Stichworten wie Kohlenstoffspeicherung durch Weiden, Weidemanagement zugunsten von Biodiversität und Ähnlichem verdient.

 

Stefan Michel: Fleisch fürs Klima – ein neuer Blick auf Artenschutz, Tierhaltung und nachhaltige Ernährung; oekom-Verlag, München, 2023, 280 Seiten, Taschenbuch, 22,00 Euro